Auf dieser Seite sind im Laufe der Kampagne verschiedene Texte über den Umgang mit unserer Jugend zu finden.

 

 

 

Bielefelder Erklärung 2019

Auf der Jahrestagung 2019 der Gilde Soziale Arbeit e.V. mit dem Titel „Soziale Arbeit in Zeiten des Rechtspopulismus“ haben die Anwesenden die diesjährige Bielefelder Erklärung (Download hier) verabschiedet:

Sozialarbeitende gegen Autoritarismus und Menschenverachtung

Bielefelder Erklärung 2019

Nach dem Zivilisationsbruch durch den Nationalsozialismus, einem der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte, leben wir heute in Deutschland in einer demokratischen Gesellschaft, im offenen Austausch miteinander und der Welt. Dies wird auch ermöglicht durch eine Verfassung, die die Menschenwürde für unantastbar erklärt.

Aufgabe Sozialer Arbeit ist es, diesen offenen Geist zu bewahren und weiter zu entwickeln. Soziale Arbeit fördert „soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen. Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, die Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit“ (DBSH & Fachbereichstag Soziale Arbeit 2016).

Demokratie ist nicht ohne Widersprüche und niemals einfach. Moralische Standfestigkeit, Toleranz, Inklusivität, Menschlichkeit und Freiheit sind die Grundlagen für den Kampf um den Erhalt der Demokratie, die heute nicht nur in Deutschland durch rechtspopulistische Kräfte bedroht wird.

Als Bürger*innen und als Sozialarbeitende verteidigen wir die Demokratie gegen alles, was sie bedroht, seien das völkisch-nationalistische, populistische oder autoritäre Weltbilder. Wir verteidigen sie gegen Stimmungsmache, Ausgrenzung und Abwertung von Menschen – gegen jede Form von Rassismus, Sexismus, Homo- und Transphobie, Antisemitismus, Antiziganismus oder Islamophobie. Wir grenzen uns ganz klar ab gegen alle Versuche, Pluralismus und Vielfalt einzuschränken. Im Interesse des demokratischen Gemeinwesens verpflichten wir uns zur Solidarität mit Menschen, die an den Rand gedrängt und marginalisiert werden. Wir schaffen und geben Raum, sich an gesellschaftlichen und politischen Debatten und Entscheidungen zu beteiligen.

Demokratie heißt, Zusammenleben immer wieder neu zu verhandeln. Rechtspopulismus verschärft die gesellschaftliche Polarisierung, die durch eine entfesselte kapitalistische Dynamik zusätzlich befördert wird. Populismus, als „Stimme des Volkes“ daher kommend, verschleiert dabei den eigentlichen Kern jeder populistischen Bewegung – das Mobilisieren von Ressentiments und Vorurteilen gegen Minderheiten.

Populär ist nicht populistisch. Populär werden, im Sinne von: auf die Menschen hören und ihnen eine Stimme geben, ist das Gegenteil von populistisch. Das Gegenteil von Populismus ist Aufklärung, die aus Nachdenklichkeit und (selbst)kritischen Auseinandersetzungen erwächst. Aufgeklärte Bürger*innen sind das Fundament jeder demokratischen Gesellschaft. Populismus trägt dazu nichts bei – er sucht nicht den politischen Diskurs, er setzt und hört nicht auf Argumente. Populismus ist deshalb so gefährlich, weil er das System politischer Willensbildung zu unterminieren sucht und die Demokratie verächtlich macht. Dahinter verbirgt sich eine autoritäre Verführung. Populismus entzieht sich der politischen Auseinandersetzung. Er schafft ein Klima, das politische Prozesse verunglimpft und lächerlich macht.

Dort wo der Populismus Ressentiments und Vorurteile bedient, muss die Soziale Arbeit auf Aufklärung und das Argument setzen. Und das mit Leidenschaft! Mitmenschlichkeit, der Zorn über Ungerechtigkeit und die „Liebe zur Welt“ (Hannah Arendt) sind nicht nur die Triebfedern der Aufklärung, sondern auch der Sozialen Arbeit. Das ist immer verbunden mit dem festen Vertrauen in die Emanzipationsfähigkeit und den Emanzipationswillen der Menschen. Menschen sind weder Gefangene ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion, noch ihrer Ängste, Vorurteile und Ressentiments. In diesem Sinne muss Soziale Arbeit immer populär sein – ohne je populistisch zu werden. Sie verliert sonst die Quelle ihrer Kraft, die in ihrem emanzipatorischen Menschenbild liegt.

Die Gesellschaftskritik des Rechtspopulismus ist nicht deshalb gefährlich, weil sie falsch ist. Sie ist gefährlich, weil sie erlebte Ungerechtigkeiten aufgreift und zugleich Abwertungen und Ausgrenzungen vornimmt. Dem Bestreben rechtspopulistischer Kräfte, die aufgeklärte Demokratie zu überwinden und das Gemeinwesen ins Autoritäre zu wenden, muss sich auch die Soziale Arbeit entschieden entgegen stellen – indem sie ihr erklärtes Selbstverständnis ernst nimmt.

Der Rechtspopulismus ist auch deshalb gefährlich, weil er einen Zeitgeist bedient, der sich der Ideologie der Ungleichwertigkeit bedient und diese befördert. Um dem Rechtspopulismus jede (scheinbare) Legitimation zu entziehen, müssen wir gemeinsam mit unseren Adressat*innen an der Veränderung ungerechter Verhältnisse arbeiten. Die Zustände ändern, statt nur über Zuständigkeiten zu reden, sich nicht hinter der organisierten Verantwortungslosigkeit einer formalisierten Sozialbürokratie verstecken, ist das Gebot der Stunde.

Jahrestagung der Gilde Soziale Arbeit e.V., im Juni 2019


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Freie Presse.de

 

Freistaat stößt Kommunen bei Jugendpauschale vor den Kopf

Mehr Jugendarbeit, mehr Schulsozialarbeit - sind zentrale Forderungen der Kommunen. Sachsen hat dafür offenbar kein Geld.

Dresden. Sachsen hält an der vor vier Jahren gekürzten Jugendförderung fest und provoziert damit einen Krach mit seinen Kommunen und sozialen Trägervereinen. Die 2010 unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise von 14,30 Euro auf 10,40 Euro pro Kopf zusammengekürzte Jugendpauschale soll auch im künftigen Doppelhaushalt nicht steigen. Das hat gestern Sozialministerin Christine Clauß (CDU) in Dresden erklärt. Sie nutzte dafür die Vorstellung des 4. Kinder- und Jugendberichts für Sachsen, der vor allem die soziale Lage der jungen Generation im Freistaat beschreibt.

Der Bericht selbst legt eine stärkere Förderung der Jugendhilfe nahe, weil ein erhöhter Finanzbedarf allein in der Präventionsarbeit und der Schulsozialarbeit bestehe. "Der jetzige Betrag von 10,3 Millionen Euro jährlich für die Jugendpauschale bleibt", so Clauß. "Trotz der demografischen Entwicklung."

Dabei spielte Clauß darauf an, dass die Anzahl der Jugendlichen im Freistaat auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Nur noch 852.000 Sachsen sind nach den Zahlen von 2011 unter 27 Jahren alt. Zehn Jahre zuvor lag dieser Anteil noch bei 1,1 Millionen Jugendlichen. Der Freistaat vernachlässige bei seiner Politik aber, dass inzwischen Gehälter und sonstige Kosten für die Jugendarbeit gestiegen sind, so Thomas Voigt (SPD), Beigeordneter und Sozialdezernent im Landkreis Leipzig.

"Diese Ansage ist ein Schlag ins Gesicht der Kommunen", so Voigt. Bisher hätten die Kommunen beispielsweise Tariferhöhungen aus eigener Tasche gezahlt. Clauß setze nun das falsche Zeichen. "Sonst bleibt nur die Einschränkung der Angebote."

Diesen Weg ist Mittweida bereits gegangen. Weil der Landkreis Mittelsachsen seinen Zuschuss zur Jugendhilfe nach dem Vorbild des Freistaats ebenfalls eingefroren hat, musste die Stadt einen Jugendklub schließen, sagte Vizebürgermeister Ralf Schreiber. Die finanzielle Ausstattung sei einfach nicht mehr ausreichend, sagte der Parteilose der für die CDU im Kreistag und dort im Jugendhilfeausschuss sitzt.

Annekatrin Klepsch, Fachsprecherin der Linksfraktion im Landtag, spricht von einem "Affront gegen die kommunale Ebene". Die Vorlage des Berichts kurz vor Ende der Legislatur gebe keinen Raum mehr zu einer Beratung im Parlament. Der Landkreistag hatte sich erst im Herbst mit Vorschlägen zu künftigen Kinder- und Jugendpolitik an Clauß gewandt. Dazu gehörte die Forderung nach Erhöhung der Jugendpauschale. Gerade diese zentrale Forderung wurde vom Ministerium abgelehnt.


 

SZ online Mittwoch, 28.05.2014

Landflucht immer populärer

Neue Studie: Sachsens Jugendliche zieht es vom Dorf in die Großstädte. Nur wenige kehren später zurück.

Von Gunnar Saft

Immer mehr Jugendliche zieht es vom Land in die sächsischen Metropolen.

 

©dpa

 

Wie tickt der Nachwuchs? Eine Frage, die bereits manche Eltern verzweifeln lässt. Weil aber auch Sachsens Staatsregierung wissen wollte, was die Jugendlichen im eigenen Land bewegt, wurden in den vergangenen Jahren viele Hebel in Bewegung gesetzt: Für 2.000 junge Leute zwischen elf und 26 Jahren organisierte man Online-Befragungen, gab Studien in Auftrag, sprach mit Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe und veranstaltete außerdem neun regionale Workshops.

 

Das Ergebnis dieser Initiative wiegt gefühlt gut drei Kilogramm und nennt sich „Vierter Sächsischer Kinder- und Jugendbericht“. Sozialministerin Christine Clauß (CDU) stellte dessen Ergebnisse gestern erst ihren Kabinettskollegen und danach der Öffentlichkeit vor. Logisch, dass die Ministerin dabei erfreuliche Aspekte hervorhob: Viele sächsische Jugendliche seien ihrem Wohnort sehr verbunden und würden optimistisch in die Zukunft schauen, teilte sie mit. Allein, es gibt etliche Schattenseiten. Demnach zieht es nämlich immer mehr Jugendliche vom Land in die sächsischen Metropolen. Lebten zur Jahrtausendwende noch 51 Prozent aller 18- bis 21-Jährigen in Dresden, Chemnitz und Leipzig sowie im Einzugsbereich dieser drei Großstädte sind es mittlerweile schon 61 Prozent. Und dieser Wegzug kommt dann gerade strukturschwachen und ländlichen Regionen doppelt teuer zu stehen: Einerseits fehlen immer mehr junge Leute, weil mittlerweile 56 Prozent der dort lebenden Jugendlichen angeben, ihren Heimatort künftig verlassen zu wollen. Andererseits sorgt der stete Bevölkerungsrückgang dafür, dass der Anteil der Jugendlichen an Sachsens Gesamtbevölkerung ohnehin weiter sinkt – bei der Altersgruppe der unter 18-Jährigen allein innerhalb von zehn Jahren gleich einmal um fast 20 Prozent.

 

Als wichtigste Gründe für die Landflucht nennt der Bericht die Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz sowie den Wunsch „etwas zu erleben“. Projektleiter Timo Heyn: „Dieser Trend lässt sich auch kaum stoppen, schließlich ist das in diesem Alter ganz normal.“ Ihm sei bei der Auswertung der Befragung aber aufgefallen, dass dabei vergleichsweise wenige Jugendliche erklären, künftig wieder in ihre Heimatorte zurückkehren zu wollen.

 

„Dicker Bericht, dünner Inhalt“

 

Es gibt dann aber auch noch gute Nachrichten. So schauen Sachsens Jugendliche recht optimistisch in die Zukunft. Fast 87 Prozent sind sich sicher, nach der Schule eine Lehrstelle oder einen Studienplatz zu bekommen. Immerhin 76 Prozent sind außerdem davon überzeugt, nach ihrer Ausbildung „gutes Geld“ zu verdienen.

 

Auch mit den meisten ihrer aktuellen Lebensbedingungen zeigt sich eine Mehrheit zufrieden: Das betrifft sowohl die für sie verfügbaren Internetanbindungen als auch das jeweilige Bus- und Bahnangebot. Wobei hier die Zufriedenheit der Stadtbewohner stets höher ist als die der Jugendlichen auf dem Land. Bei letzteren ist dafür das Gefühl, „abends und nachts draußen sicher unterwegs zu sein“, besonders stark ausgeprägt. Deutliche Unterschiede gibt nur bei den Freizeitangeboten. Über 70 Prozent der Jugendlichen in Städten bezeichnen diese als ausreichend, in den ländlichen Regionen sind es nur 14,5 Prozent.

 

Ministerin Clauß kündigte an, diese Ergebnisse gezielt für Verbesserungen in den Regionen nutzen zu wollen. So habe Sachsen 2011 rund 1,6 Milliarden Euro für die Kinder- und Jugendhilfe ausgegeben. Fünf Jahre zuvor waren es noch 1,2 Milliarden. Die Opposition reagierte darauf mit Kritik und Spott. Die SPD widersprach Clauß und gab an, dass bei der Kinder- und Jugendarbeit massiv gekürzt worden sei. Auch für die Jugendverbandsarbeit stünde weniger Geld zur Verfügung. Die Linksfraktion erklärte, mit 323 Seiten sei der neue Jugendbericht der bisher dickste, inhaltlich aber der dünnste. Man habe nur Zahlen zusammengestellt, viele davon aus 2009. Was fehle, sei eine fachliche Auseinandersetzung sowie sinnvolle Handlungsempfehlungen.

 

 

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Kindesmisshandlung Eltern als Serientäter

 Von Abini Zöllner

Eine beschädigte Kinderpuppe. Foto: picture alliance / dpa

In Deutschland werden 70 Kinder krankenhausreif geprügelt - jede Woche. Zwei Rechtsmediziner berichten in ihrem neuen Buch von der offenbar weit verbreiteteten Kindesmisshandlung

 

Das ist mehr als ein Buch. Das ist eine Kampfansage. „Deutschland misshandelt seine Kinder“ klagen die beiden Berliner Rechtsmediziner Saskia Guddat und Michael Tsokos an. Auf 253 Seiten haben sie eine regelrechte Debattenvorlage verfasst, in der sie ihre Erfahrungen und ihre Vorwürfe bündeln, aber auch ihre Lösungsvorschläge.

In Deutschland werden jede Woche 70 Kinder krankenhausreif geprügelt; drei von ihnen sterben an den Folgen. Michael Tsokos, Berlins oberster Rechtsmediziner, sagt: „Seit 20 Jahren höre ich von den Ämtern ,Wir haben nichts falsch gemacht‘. Da frage ich mich: Wenn niemand etwas falsch gemacht hat, warum liegt das tote Kind vor mir?“

Dass der Tod von Kindern verhindert werden könnte, wenn der politische Rahmen besser wäre – das klingt unglaublich. Es gebe sie zwar, die engagierten Sozialarbeiter in Jugendämtern, doch müssten die gegen Aktenberge, lasche Gesetze und knappe Kassen kämpfen. Täglich. „Der Fehler“, so Tsokos „liegt im System.“



Als Rechtsmediziner haben Tsokos und seine Kollegin Saskia Guddat in der Tat tiefe Einblicke. Die beiden obduzieren nicht nur tote Kinder und untersuchen verletzte, sie gehen auch in die Wohnungen und zu Verhandlungen. Sie haben Kontakt mit der Polizei, den Ämtern und Gerichten. Sie können beschreiben, wie Jugendamtsmitarbeiter ihre Besuche ankündigen und dann falsche Kinder vorgeführt bekommen (meist Geschwister); oder wie Kinder zuvor mit Beruhigungsmitteln ruhig gestellt werden; oder die Tür erst gar nicht geöffnet wird. Sie kennen das dreiste Leugnen der Täter („höchstens ein Klaps“) und ihre unerhörten Schutzbehauptungen („vom Bett gefallen“). Sie wissen, wie asozial Eltern sein können – egal, ob in Villen- oder Brennpunktvierteln.

Unglaubliche Fälle haben die Autoren in ihrem Buch zusammengetragen. Um Kinder besser zu schützen, fordern sie null Toleranz gegenüber den Misshandlern. Jenes Elternteil, der das Kind nicht schützt, solle gezielt wegen „Unterlassung von Hilfe“ strafverfolgt werden. Die Autoren schlagen außerdem flächendeckende Schutzambulanzen mit geschultem Personal, Meldepflicht für Ärzte und eine generelle Leichenschaupflicht bei Kindern (ohne Vorerkrankung) vor.

Guddat und Tsokos bilanzieren: „Streng genommen laufen Hunderttausende Gewaltverbrecher frei herum – Männer und Frauen, die Kindern die Knochen gebrochen, sie verprügelt, verbrannt, verbrüht oder schwerst geschüttelt haben.“ Die Debatte müsse geführt werden.

Zum Buch

Michael Tsokos und Saskia Guddat, "Deutschland misshandelt seine Kinder". Erschienen in Droemer Knaur, 19,95 Euro.


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EXIF-Exzessive-Internetnutzung-in-Famili
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